Sessionsvorschau September 2023

Am Mittwoch und Donnerstag tagt das Oltner Stadtparlament und wird über Kremationsöfen und Demokratie im Speziellen diskutieren – eine kleine, total neutrale ☺ Vorschau auf die Traktandenliste.

Kreamationsofen ohne Abdankungshalle dafür mit Lift.
Kreamationsofen ohne Abdankungshalle dafür mit Lift (Inspiriert von den Diskussionen in der FB Gruppe Olten)

Abdankungshalle und Kremationsofen

Eventuell denken Sie jetzt: Darüber hatten wir doch grad eben schon mal abgestimmt! Ja, so ungefähr schon, aber nicht wirklich. Im Herbst 2020 wurde darüber abgestimmt, ob aus dem Bestattungsreglement die Passagen gestrichen werden sollen, die vorschreiben, dass Olten einen Kremationsofen betreiben muss. Mit 54 Prozent entschieden die Stimmenden, dass das Reglement nicht geändert werden soll.

Folglich hat die Stadt nun den Ersatz des Kremationsofens projektiert. Bei der Planung wurde klar, dass neben dem Ofen vor allem auch die Abdankungshalle, in der sich der Ofen befindet, dringenden Sanierungsbedarf hat. Seit über 50 Jahren wurde das Gebäude nicht mehr grundlegend instand gesetzt und die Folgen sind entsprechend dramatisch

Da die Abdankungshalle als Versammlungsort ein zentraler Bestandteil des Friedhofs ist, hat der Stadtrat entschieden, dem Parlament die Durchführung einer Variantenabstimmung zu beantragen: a) Ersatz des Kremationsofens + Instandstellung der Abdankungshalle oder b) Instandstellung der Abdankungshalle, Entfernung von Kremation aus dem Bestattungsreglement, Abbruch des Kremationsofens. Damit will er verhindern, dass bei einer allfälligen Ablehnung der teuren Gesamtsanierung auch die Erneuerung der Abdankungshalle verhindert wird. 

Herr Sommer und Teile der SVP finden diese Variantenabstimmung eine ganz schlimme Sache. Sie sehen die Demokratie in Gefahr, dadurch, dass den Stimmberechtigten die Möglichkeit geboten werden soll, die Renovation der Abdankungshalle separat zu bewilligen.

Was der SVP auch gar nicht gefällt, ist die Haltung des Stadtrates, der nach wie vor findet, Olten braucht keinen neuen Kremationsofen – und das auch so kundtut. Dies, obwohl doch bei der Abstimmung vor drei Jahren eine Mehrheit der Stimmenden die Kremationen nicht aus dem Bestattungsreglement streichen wollte. Dadurch, dass die Erneuerung des Kremationsofens mit der Sanierung der Abdankungshalle gekoppelt werde, werde der Volkswille klar missachtet.

Marion Rauber meinte kürzlich zu dem Thema: Nur den Kremationsofen zu erneuern und die Abdankungshalle so zu belassen, wie sie jetzt ist, wäre, wie wenn man einen Porschemotor in einen verrosteten VW-Käfer einbauen würde.

Engagierte Voten am Mittwochabend sind garantiert. Wir rechnen trotzdem damit, dass der Antrag des Stadtrates klar durchkommen wird. Olten jetzt! jedenfalls begrüsst die beantragte Variantenabstimmung.

Mehr Ordnung in den Daten der öffentlichen Verwaltung

Der Stadtrat will eine elektronische Geschäfts-Verwaltung (GEVER) für die Stadt Olten beschaffen. Dazu braucht es einen Nachtragskredit und darüber muss das Parlament entscheiden. 

Eine GEVER ist eine Art Branchenlösung für die öffentliche Verwaltung. Die meisten grossen Städte haben sowas im Einsatz und auch viele kleine Gemeinden nutzen eine solche Software, um ihre Arbeit zu organisieren. Sei es eine E-Mail-Anfrage, ein Stadtratsbeschluss oder ein parlamentarischer Vorstoss; alles kann in der GEVER abgelegt, organisiert und bearbeitet werden. So wird sichergestellt, dass nichts verloren geht und die Abläufe eingehalten werden.

Vor vier Jahren hatte Olten jetzt! in einem Vorstoss gefordert, dass die Stadt ein Ticketing-System einführen soll, um sicherzustellen, dass keine Anfragen an die Stadt verloren gehen. Damals stiess die Idee beim Stadtrat noch nicht auf offene Ohren und wurde vom Parlament auch nicht für erheblich erklärt. Umso mehr freut es uns nun, dass mit der GEVER eine viel umfassendere Lösung Einzug halten soll.

Im Vorfeld wurden Bedenken geäussert, ob die Daten der Stadt, die in Zukunft im Cloud-Speicher eines Schweizer KMU lagern sollen, auch mit vernünftigem Aufwand da wieder herausgeholt werden können, sollte sich die Stadt in Zukunft zu einem Anbieterwechsel entscheiden. Diese Bedenken konnten jedoch durch Auskünfte der Lieferfirma zerstreut werden.

Was einzelne Mitglieder von SVP/FDP/CVP/GLP stört an dem Geschäft, ist, dass der Stadtrat plant, in Zukunft ein 40-Prozent-Pensum zu beantragen, um den Einsatz der GEVER in der Stadtverwaltung professionell zu unterstützen. Gegen den Support hat niemand etwas einzuwenden, aber dass das mit zusätzlichen Stellenprozenten verbunden sein soll, ohne dass gleichzeitig eine andere 40-Prozent-Stelle in der Stadtverwaltung abgebaut wird, das geht nach Meinung dieser Personen gar nicht.

Wir rechnen trotzdem damit, dass das Vorhaben im Parlament auf breite Zustimmung stossen wird. 

Parlamentarische Vorstösse

Vor den Sommerferien hatten wir alle Pendenzen erledigt. Unterdessen sind schon wieder 11 Vorstösse traktandiert. Da sich das Parlament am Mittwoch und am Donnerstag trifft, sind die Chancen intakt, dass wir es schaffen, die Pendenzen gleich wieder auf null abzuarbeiten. Hier ein kurzer Überblick über die anstehenden Aufträge und Interpellationen:

  • Cécile Send und Timo Probst (JSP)  möchten ein Werbeverbot in der Stadt. Der Stadtrat eher nicht. Olten jetzt! hält es mehrheitlich mit der Meinung des Stadtrats.
  • Timo Probst (SP/JSP) möchte einen Velostreifen bei der Einfahrt der Neuhardstrasse in die Unterführungsstrasse. Der Stadtrat meint dazu: Erstens ist das nicht in der Kompetenz des Parlaments und zweitens wird die Strasse an dieser Stelle auch mit einem Vorstoss nicht breiter. Timo hat daraufhin den Inhalt seines Vorstosses angepasst und fordert nun vom Stadtrat Ideen, wie die Sicherheit der Velofahrenden verbessert werden kann. Der Stadtrat hat noch nicht auf den veränderten Vorstoss reagiert. Seine bestehende Antwort jedenfalls passt jetzt nicht mehr zum Vorstoss. Wir sind gespannt, wie diese Situation im Parlament gehandhabt wird.
  • Martin Räber (Grüne) und Tobias Oetiker (OJ) möchten in zwei separaten Vorstössen, dass nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz als Aufgaben der Stadt in die Gemeindeordnung integriert werden. Der Stadtrat findet beides gut. Olten jetzt! natürlich auch.
  • Matthias Borner (SVP) und Nico Zila (FDP) wollen, dass die Stadt ihre Steuern in Zukunft vom Kanton einziehen lässt, sodass in Olten nur noch eine Steuerrechnung im Briefkasten landet. Wie der Stadtrat in seiner Antwort aufzeigt, erzeugt dieses «Nice to have» für die Stadt Kosten in der Höhe eines Steuerprozents der natürlichen Personen. Ob die beiden Auftraggeber einverstanden sein werden, bei einer Umsetzung ihres Auftrages auch gleich eine Steuererhöhung von einem Prozent durchzuwinken, um die Kostensteigerung zu kompensieren, ist noch nicht bekannt. Olten jetzt! wurde sich trotz intensiver Diskussion nicht einig, ob die Kosten dieser kantonalen Dienstleistung zu rechtfertigen sind.
  • Tobias Oetiker (OJ), Vivek Sharma (OJ), Salome Kisker (OJ), Laura Schöni (OJ), Florian Eberhard (SP), Manuela Höfler (Grüne)  und Yael Schindler Wildhaber (Grüne) möchten, dass die Bewegungen von Autos, Velos und Fussgänger*innen auf dem Klosterplatz mittels Bodenmarkierungen besser organisiert werden. Der Stadtrat sieht das Problem auf dem Klosterplatz, findet aber viele Gründe, warum es besser ist, nichts zu machen. Wir finden, er sollte es zumindest versuchen! Die Standard-Antwort – «Lass uns auf den Masterplan Velo warten» – finden wir etwas sehr einfach.
  • Die Grünen und Roten wünschen sich mehrere öffentliche Velo-Pump- und Velo-Flick-Stationen auf dem Stadtgebiet. Eine Stadtteilverbindung wird dadurch zwar nicht realistischer, aber eventuell hilfts ja etwas für unser ramponiertes Velo-Freundlichkeits-Image. Wir finden die Idee gut.
  • Matthias Borner (SVP) möchte den Stadtrat anweisen, den Diebstählen bei der Garderobe des Leichtathletikstadions Kleinholz Einhalt zu gebieten. Der Stadtrat meint dazu: «Also die Statistik sagt nicht, dass es viele Diebstähle gibt.» Die Team-Sport-Abteilung von Olten jetzt! sagt: «Die Leute nehmen eh immer alles in ihren Sporttaschen mit aufs Spielfeld.» Wir fanden es bei der Diskussion dieses Vorstosses schwierig, die Sicherheitsanliegen der Sporttreibenden und die aggressive SVP-Sprache der Auftragsformulierung auseinanderzuhalten.
  • Alle ausser SVP und FDP möchten, dass der Stadtrat ein «Mobilitätskonzept Schule» für Olten erarbeiten lässt und so einen verstärkten Fokus auf die Schulwege richtet. Der Stadtrat findet das eine gute Sache, wobei er der Meinung ist, dass er das im Rahmen der Ortsplanungsrevision schon macht. Er schlägt daher vor, den Vorstoss erheblich zu erklären und gleich abzuschreiben. Wir schauen mal, was sich in der Diskussion im Parlament ergibt zu dem Thema. So ein fokussiertes Mobilitätskonzept wäre eben schon cool.
  • Grün und Rot möchten Stadtbäume befreien. Der Stadtrat tönt in seiner Antwort etwas überrascht von der Idee und beginnt gleich zwei Absätze in seiner Antwort mit dem Wort «grundsätzlich». Aber er findet es eine gute Sache, wenn wir Massnahmen ergreifen, damit es den Bäumen in der Stadt besser geht. Wir finden das auch. Wer weiss, vielleicht ist das Parlament ja sogar wieder einmal einstimmig für «erheblich».
  • Manfred Schoger (Mitte/GLP/EVP) will vom Stadtrat wissen, ob er Olten als Grünstadt zertifizieren lassen will. Der Stadtrat will das in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht, findet es aber durchaus eine gute Idee. Da es sich beim Vorstoss von Manfred um eine Interpellation handelt, werden wir allenfalls darüber diskutieren, zu entscheiden gibt es jedoch nichts.

Das tönt doch spannend, oder? Am Mittwoch- und Donnerstagabend ab 19 Uhr wird die Parlamentssitzung live auf YouTube übertragen. Wir freuen uns auf viel Publikum!