Ein umstrittener Landverkauf, ungeplante Einnahmen und neue Regeln im Parlamentsbetrieb

Vorschau auf die Parlamentssitzung vom 21. und 22. Juni 2023

Symbolbild Tennis, erzeugt mit Midjourney

Traditionellerweise ist die letzte Parlamentssitzung vor den Sommerferien für die Genehmigung der Rechnung der Stadt reserviert. Damit auch sonst noch ein paar Geschäfte Platz haben, treffen wir uns gleich an zwei Tagen hintereinander.

Die unerwartete Liebe zum Tennisplatz vor dem eigenen Balkon

Während Jahren haben sich Anwohner:innen geärgert über den Tennisplatz, der da mitten im Schöngrundquartier steht – warum müssen die Leute schreien, wenn sie den Ball schlagen? Und die engagierten Diskussionen vor dem Clubhaus, das geht gar nicht! Und die Flutlichtanlage und die Turniere am Wochenende! Und weiss der Tennisclub Olten (TCO) eigentlich nicht, dass es da Nachbar:innen gibt, die nicht Tennisfans sind? Und überhaupt, der Tennisplatz steht auf einem Grundstück, das der Wohnzone zugeteilt ist, ist das nicht sowieso illegal, was die da machen?

Nein, illegal ist es nicht, denn dank Besitzstandswahrung kann der Tennisplatz im Schöngrund auch in der Wohnzone weiterbetrieben werden. Denn er stand schon da, bevor das Land Wohnzone war. Da der TCO im Gheid eine zweite Anlage besitzt, ausserhalb der Wohnzone, funktionierte das Nebeneinander von Sport und Wohnen irgendwie. Glücklich war das Setup jedoch nie.

Nun kündigten die sbo dem TCO das Baurecht für den Platz im Gheid auf 2031, da der Platz zu nahe an der Grundwasserfassung liegt. Dadurch stieg der Druck, das Problem mit dem Tennisplatz im Schöngrund zu lösen, rapide an. 

Nach intensiver Suche hat der TCO zusammen mit der Stadt eine Lösung gefunden: Die Stadt verkauft dem TCO eine Landparzelle im Gheid, ausserhalb der sensiblen Zone. Der TCO verkauft das Tennisplatz-Grundstück im Schöngrund und verwendet die Einnahmen für den Bau eines neuen Tennisplatzes im Gheid.

Der Vorteil für die Stadt ist, dass so die Verletzung des Zonenplans im Schöngrund behoben wird und an der bevorzugten Wohnlage mit neuen steuerkräftigen Zuzüger:innen gerechnet werden kann. Zudem verpflichtet sich der TCO, im Schöngrund einen qualitätssichernden Investor:innen-Wettbewerb durchzuführen, wobei die Stadt mit zwei Personen Einsitz in der Jury nimmt. Der neue Platz im Gheid muss zudem für die Öffentlichkeit zugänglich sein und die Angebote für den Schulsport werden in einer Leistungsvereinbarung festgeschrieben.

Dass das Land an den TCO verkauft und nicht im Baurecht abgegeben wird, ist ein zentraler Punkt der oben beschriebenen Übereinkunft. Da der TCO soeben seinen Platz wegen eines nicht erneuerten Baurechts aufgeben musste, ist Baurecht keine Option für das neue Tennisplatzprojekt des TCO. Der Club will nicht nochmal riskieren, sein gesamtes Investment zu verlieren und erneut einen Standort suchen zu müssen.

Beim Landverkauf geht es um einen Betrag von rund einer Million, daher ist es in der Kompetenz des Parlaments, über das Geschäft zu entscheiden. Der Antrag des Stadtrates beschreibt das Ganze sehr detailliert.

Nobody expects the IGL

So weit, so gut, wenn da nicht die «IG Lebenswertes Olten» (IGL) wäre. Eine Organisation, die erst seit wenigen Wochen existiert und in der kurzen Zeit auch schon den Namen von «IG Pro Schöngrund» auf «IG Lebenswertes Olten» geändert hat. Seitdem der Landverkauf im Gheid auf der Traktandenliste des Parlaments steht, werden die Parlamentsmitglieder von der IGL mit E-Mails, Briefen und Telefonanrufen eindringlich darauf hingewiesen, dass da gerade ein übles Geschäft ablaufe. Das Land würde vom Stadtrat richtiggehend verschenkt, der neue Tennisplatz würde das Grundwasser mit Mikroplastik gefährden, bis zu 20 Vogelarten würden im Schöngrund ihre Nistplätze verlieren – und viele weitere Behauptungen werden aufgestellt.

Auch wir wurden im ersten Moment aufgeschreckt. Bei näherem Studium blieb von den vielen Vorwürfen der IGL jedoch nichts übrig – ausser der Frage: Wo war diese IG für ein lebenswertes Olten bisher? Warum wurde sie gerade durch das Neubauprojekt des Tennisclubs auf den Plan gerufen? 

Eine kleine Recherche förderte die Wohnorte der Mitglieder der IGL zutage. Es sieht fast so aus, als ob die Leute, die sich bisher des Öfteren über den Tennisplatz in ihrer Nachbarschaft enervierten, nun ihre Liebe zu dem Platz entdeckt haben. Jetzt, wo zu erwarten ist, dass er durch einen Neubau ersetzt wird, der die Aussicht von den oberhalb liegenden Grundstücken negativ beeinflussen könnte.

Luftaufnahme der Tennisplätz im Schöngrund mit Wohnorten der IGL Mitglieder

Was die IGL-Mitglieder in ihrem Eifer zu vergessen scheinen, ist, dass der Tennisclub wirklich einen neuen Platz braucht, da er den bisherigen Platz im Gheid schliessen muss. Und dass er zur Finanzierung des neuen Platzes das Bauland im Schöngrund verkaufen will.

Wenn es in Olten nicht möglich ist, einen neuen Platz zu bauen, gibt es weitere Optionen. Der Club würde zum Beispiel von Trimbach mit offenen Armen empfangen. Da wäre wohl der Landpreis günstiger und es gäbe auch keine Auflagen wie die Pflicht, im Schöngrund einen kostspieligen Wettbewerb durchzuführen, oder mit der Stadt eine Leistungsvereinbarung in Bezug auf den Schulsport einzugehen.

Aber eben, der Tennisclub will in Olten bleiben und war deswegen auch bereit, auf die Forderungen der Stadt einzugehen. Mit der neuen Tennisanlage im Gheid entsteht zusätzlich ein öffentlich zugänglicher Spielplatz und ein öffentliches Club-Restaurant. Zudem können Nicht-Mitglieder die Tennisplätze benützen und der Tennisclub setzt sich für die Tennisförderung im Rahmen des Schul- und Vereinssports ein.

Olten jetzt! kennt keinen Fraktionszwang, aber nach aktuellem Kenntnisstand werden wir alle dem Landverkauf zustimmen und freuen uns über die Erweiterung der Angebotsvielfalt im Kleinholz.

Ein Rechnungsabschluss mit zu viel Gewinn

Die Rechnung ist dieses Jahr relativ unspektakulär ausgefallen. Die Stadt hat die Ausgaben gut im Griff, sie entsprechen weitgehend den Voraussagen im Budget. Auf der Einnahmenseite wird es wohl mehr zu reden geben, denn erneut hat die Stadt wesentlich mehr eingenommen als budgetiert. 

Auch dieses Mal ist es wieder eine neue Kombination von Gründen, die zu den Mehreinnahmen geführt haben, aber vereinfacht gesagt wurden mehr Steuern bezahlt als erwartet. In der Debatte werden sicher wieder diverse Rezepte vorgestellt werden, wie die Budgetierung verbessert werden kann. Gerade von der FDP erwarten wir da einiges, geht es doch bei ihnen um nicht weniger als die Verteidigung ihres Mantras «Die Stadt hat kein Einnahmen-Problem, sondern ein Ausgaben-Problem». Wobei es für uns eher so scheint, als ob die Finanzabteilung schlicht zu vorsichtig ist bei der Budgetierung der Einnahmen.

Sofern sich in der Debatte keine grundlegenden neuen Erkenntnisse ergeben, wird Olten jetzt! der Rechnung zustimmen. Auch dem Vorschlag des Stadtrates, einen Teil des Gewinns zur Vorfinanzierung des Schulhauses im Kleinholz zu verwenden, stehen wir positiv gegenüber. Mit der Vorfinanzierung wird nämlich der Spielraum der Stadt für weitere Investitionen in die Infrastruktur erhöht.

Vorstösse direkt abschreiben

Im dritten Traktandum geht es um eine Massnahme zur Arbeitsreduktion für die Stadtverwaltung und den Stadtrat. Wie schon an anderer Stelle erwähnt, erzeugen die Parlamentsmitglieder eine beachtliche Zahl an Vorstössen, die es dann zu bearbeiten gilt. In letzter Zeit ist es öfter vorgekommen, dass neue Parlamentsmitglieder besonders eifrig waren beim Verfassen von Vorstössen und den Stadtrat aufforderten, sich um Themen zu kümmern, die er sowieso schon am Bearbeiten war.

Oft waren viele Parlamentsmitglieder inhaltlich für den Vorstoss, scheuten sich aber, den Vorstoss erheblich zu erklären. Denn damit verursachen sie unnötige Mehrarbeit für Stadtrat und Verwaltung, da diese dann zusätzlich noch eine Berichterstattung machen müssen.

Daher wird sich das Parlament jetzt vermutlich die Möglichkeit einrichten, einen Vorstoss erheblich zu erklären und ihn gleichzeitig als schon erledigt abzuschreiben.

Wenn noch Zeit bleibt, werden wir uns danach den anstehenden parlamentarischen Vorstössen zuwenden. Dazu haben wir vor der letzten Sitzung schon ausführlich berichtet. Neue Vorstösse kamen in der Zwischenzeit nicht hinzu.

Am Donnerstag wird Laura Schöni zum letzten Mal in ihrem Präsidialjahr die Parlamentssitzung leiten. Wir danken ihr ganz herzlich für ihren Extra-Einsatz und freuen uns, beim anschliessenden Apero auf ihre erfolgreiche Präsidentschaft anzustossen.